:: Live uit
Nijmegen ::
Mein
Weg vom Gymnasium an die Universität sollte sich von dem was der
Durchschnittsschüler so tut doch ein wenig unterscheiden. Ich weiß noch genau
wann die Idee eigentlich entstand. Es war eine der zahlreichen Studienmessen
über die gelaufen bin und die mich an einem Vormittag in einem Kurzvortrag
"Studieren in den Niederlanden am Beispiel Nijmegen" landen ließ. Ich
kann nicht genau beschreiben was mich faszinierte, aber dem Referenten Hub
Nijssen gelang es mich in seinen Bann zu ziehen. Nach Ablauf des Vortrages stand
ich also fast eine Stunde am Stand der Radboud Universiteit und fragte nach
immer mehr Details. Zu dem Zeitpunkt war ich noch weit davon entfernt wirklich
ernsthaft mit dem Gedanken zu spielen. Aber auch wenn ich das damals noch nicht
zugegeben habe, ist mir damals klar geworden, dass die deutschen Universitäten
größtenteils nicht das waren, wo ich mich als Student in der Zukunft sah.
Ein
halbes Jahr blieben die Prospekte irgendwo zwischen all den anderen Infozettel
stecken, aber je näher der Herbst 2007 kam, desto öfter erwischte ich mich
beim Surfen über die Website der RU. Noch glaubte mir niemand, dass ich es
wirklich ernst mit meiner Entscheidung meinen würde und selbst zweifelte ich
auch noch viel zu sehr. Meine Zweifel zur Seite wischen sollte schließlich der
Tag der offenen Tür am 3. November. Eine Fahrt mit dem Nachtzug brachte mich
ins 600 km entfernte Nijmegen und auch das erste Mal in meinem Leben auf
niederländischen Boden. Der Tag an Nijmegen und die Eindrücke die ich von
diesem unglaublich gepflegten Campus bekam, machten für mich den Unterschied.
So etwas hatte in Deutschland nirgendwo zu sehen bekommen. Aber wichtiger noch
als der Campus und eine beinah nagelneue naturwissenschaftliche Fakultät
beeindruckte mich auch das Interesse an uns jungen Menschen. Hier kommt man sich
nicht nur vor wie ein Mensch mit einer Nummer sondern vielmehr als Student der
maximale Förderung und Begleitung auf seinem Weg erhält.
Am
Anfang kostete es mich noch ein bisschen Überzeugungsarbeit, aber je intensiver
ich mich nach meiner Rückkehr nach Berlin mit einem möglichen Studium in den
Niederlanden beschäftigte, desto fester wurden meine Pläne. Ich weiß nicht
wie viele Leute mich für ein bisschen verrückt erklärt haben angesichts
meiner Entscheidung. Aber auf die Einschreibung fürs Studentenwohnheim, folgte
die Anmeldung für den Niederländischsprachkurs und ehe ich mich versah, befand
ich mich auch schon auf dem Weg Richtung Nijmegen zu 4 Wochen Sprachtraining in
einer Intensität die einem doch einiges abverlangte. Nach vier Wochen und einem
Staatsexamen NT2, wo ich meine Nerven nur schwer im Griff behielt, ging es
zurück nach Berlin. Als schließlich der erlösende Brief mit den besten
Neuigkeiten überhaupt kam, kann ich die Freude darüber nur schwer in Worte
fassen. Tja eigentlich sollte mir nun nichts mehr im Wege stehen.
Aber
meistens kommt es anders als man denkt. Ich will hier gar nicht mehr viele Worte
über die ganze scheußlichen, bürokratischen Hindernisse verlieren die sich
mir nun in den Weg stellen sollten. Aber immerhin bekam ich ein Zimmer im
Studentenwohnheim Vossenveld und schließlich hat man sogar meine Geburtsurkunde
bei der Gemeinde doch noch anerkannt. Von wegen was kann an einer originalen
Geburtsurkunde veralten? Irgendwann hatte ich dann sogar ein Bankkonto, einen
Krankenversicherungsantrag und schließlich sogar noch meine
Einschreibebescheinigung von der Uni. Das allein war schon fast eine kleine
Party wert. Der Umzug jedenfalls war echt ein Kraftakt und ich glaube so schnell
werde ich hier doch nicht mehr ausziehen. Obwohl sicher den einen oder anderen
Grund wie die schaurige Küche gibt. Aber dafür sind meine 15 m2 inzwischen
richtig schön zu einem Zuhause für mich geworden.
Das
Studium selbst verlangt mir so ziemlich alles ab. Wenn unsere Lehrer sagten, wir
würden uns die Schule irgendwann einmal zurückwünschen. Ich verstehe
inzwischen was sie damit gemeint haben. Aber auch wenn es hart ist, so ist es
toll, wenn man dann wieder einen kleinen Erfolge hat und sieht, dass die Tage im Labor erste Löcher im Kittel
hinterlassen. Der Weg nach oben ist steinig und hart und manchmal sind kleine
Umleitungen eingebaut. So studiere ich inzwischen Molekulare
Lebenswissenschaften, arbeite in der Studienberatung der Universität und
repräsentiere die Uni auch als Botschafter auf Messen und kleineren
Veranstaltungen. Kurz gesagt ich bin angekommen und habe das gefunden, worauf
ich gehofft hatte.
Inzwischen ist das 2. Studienjahr so gut wie vorbei und meine Zukunft ist ungewisser als jemals zuvor. Ich habe
im April das letzte Fach meines Propädeutikums bestanden und darf ganz offiziell
weiter an meinem Bachelor of Sciene in MLW arbeiten. Wenn ich mir nur sicher
wäre, dass ich das tatsächlich noch will, dann wäre mir um einiges wohler. So
haben die persönlichen Rückschläge des letzten halben Jahres mich verändert und
bevor ich es selbst für möglich gehalten hätte, musste ich feststellen, dass ich
mir momentan keine Berufslaufbahn in der Forschung mehr vorstellen kann. So
werde ich den Sommer wohl dazu benutzen, um mir selbst darüber klar zu werden
wie es weiter gehen soll. Es stehen nun noch eine Menge Gespräche an, dass kann
ich auf jeden Fall schon einmal sagen. Sobald eine Entscheidung steht werde ich sie euch hier natürlich mitteilen.
Und wer weiß, vielleicht werde ich irgendwann auch wissen wofür all die Zweifel
und Entscheidung auch wieder gut waren.